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von 7d4b73d0-f078-4879-afb5-730d951ede28 18 Nov., 2022
Am 01.07. 2022 trat die Novelle des Verpackungsgesetzes (VerpackG) in Kraft. Neben einer Vielzahl von neuen Regelungen, die vor allem die Verwendung und Ausgestaltung von Verpackungen im Verhältnis zum privaten Endverbraucher betreffen, bringt die Novelle auch Änderungen des Pflichtenkreises von im B2B Geschäft tätigen Unternehmen mit sich. Was Unternehmen jetzt wissen müssen, zeigen wir in diesem Beitrag auf. I. Adressat des VerpackG Das VerpackG stellt die Produktverantwortung der Hersteller bzw. der Erst-In-Verkehr-Bringer von Verpackungen in den Vordergrund. Jeder, der befüllte Verpackungen in Umlauf bringt, ist dafür verantwortlich, dass diese Verpackungen entweder verwertet oder zurückgenommen werden. Adressaten des VerpackG und demnach Verpflichtete sind dem Wortlaut nach „die Hersteller“. Hersteller im Sinne des Verpackungsgesetzes ist derjenige, welcher eine Verpackung erstmalig mit Ware befüllt und in den Verkehr bringt. In der Regel ist das der Hersteller, der das Produkt produziert und verpackt. Hersteller sind aber auch Handelsunternehmen, sofern diese Eigenmarken vertreiben, deren Verpackung von einem Dritten in ihrem Auftrag befüllt und an das Handelsunternehmen abgegeben wird und diese ausschließlich mit dem Namen und/oder der Marke des Handelsunternehmens gekennzeichnet ist. Auch Importeure fallen unter den Herstellerbegriff, wenn sie die rechtliche Verantwortung für die Waren beim Grenzübertritt tragen. Schließlich zählen auch Versand- und Onlinehändler, die eine Versandpackung erstmals mit Ware befüllen, als Hersteller im Sinne des VerpackG. II. Zur Registrierungspflicht der Hersteller Der so vom Gesetz definierte Hersteller einer Verpackung ist dazu verpflichtet, sich vor dem Inverkehrbringen einer Verpackung bei der „Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister“ zu registrieren. Die Registrierplattform heißt „LUCID“. Die Registrierung erfolgt unter: https://www.verpackungsregister.org/verpackungsregister-lucid/registrierung/ . Bislang sah das deutsche Verpackungsrecht eine Registrierungspflicht bei LUCID nur für solche Unternehmer vor, die sogenannte systembeteiligungspflichtige (=lizenzierungspflichtige) Verpackungen in Verkehr bringen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen. Zum 01.07.2022 wurde durch die Novelle des VerpackG die Registrierungspflicht nun auf alle Arten von Verpackungen und mithin auch auf solche ausgeweitet, die nicht an einem dualen System zu beteiligen sind. Auch schon bereits in LUCID registrierte Unternehmen müssen sich, wenn sie zusätzlich „nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen“ (z.B. mit Ware befüllte Mehrwegverpackungen, Transportverpackungen, „gewerbliche“ Verkaufsverpackungen etc.) in Verkehr bringen, noch einmal registrieren. 1. Systembeteiligungspflichtige und nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen Das VerpackG unterscheidet zwischen zwei grundsätzlichen Arten von Verpackungen: den systembeteiligungspflichtigen Verpackungen und den nicht systembeteiligungspflichtigen Verpackungen. Systembeteiligungspflichtige Verpackungen sind solche, die typischerweise bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen, und für die sich Inverkehrbringer daher an einem dualen System beteiligen müssen. Diese Systembeteiligung wird auch „Lizenzierung“ genannt. Das duale System übernimmt für den Inverkehrbringer die ordnungsgemäße Rückführung der Verpackungen in den Entsorgungskreislauf. Systembeteiligungspflichtig (=lizenzierungspflichtig) sind typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallende ● Verkaufsverpackungen (Umverpackungen einer Ware) ● Serviceverpackungen (v.a. Gastro-Verpackungen wie Becher, Take-Away-Boxen etc.) ● Versandverpackungen (Versandkartons, -taschen, -briefe etc.) Nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen sind solche, die aufgrund der Art, der Beschaffenheit, der Größe und der Verwendung nicht an einem Dualen System beteiligt werden (=nicht lizenziert) werden müssen, weil sie typischerweise nicht beim privaten Endverbraucher anfallen. Diese Arten von Verpackungen sind dadurch charakterisiert, dass sie regelmäßig nur zwischen verschiedenen Handelsstufen, nicht aber an private Endkunden abgegeben werden. Mangels Endkundenbezugs sieht das Gesetz für diese Verpackungen keine Systembeteiligungspflicht, sondern eine persönliche Rücknahmepflicht (§ 15 VerpackG) vor. Zu den nicht systembeteiligungspflichtigen Verpackungen zählen ● Transportverpackungen (B2B-Versandverpackungen wie Paletten, Großkartons etc.) ● Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise nicht bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen ● Verkaufs- und Umverpackungen, für die wegen Schadstoff- und/oder Gesundheitsrisiken bei der Verwertung eine Systembeteiligung nicht möglich ist ● Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter (Pflanzenschutzmittel, Öle, flüssige Brennstoffe sowie sonstige ölbürtige Produkte und Gemische von Diphenylmethan-4-4‘-diisocyanat) ● Mehrwegverpackungen 2. Ausweitung der LUCID-Registrierungspflicht für mit Ware befüllte nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen zum 01.07.2022 Bislang galt, dass nur solche Unternehmer sich bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) über das LUCID-Portal verpackungsrechtlich registrieren lassen müssen, die systembeteiligungspflichtige (= lizenzierungspflichtige) Verpackungen in Verkehr bringen. Diese Pflicht ergab sich aus § 9 Abs. 1 VerpackG a.F.. Zum 01.07.2022 wurde § 9 Abs. 1 VerpackG nun so geändert, dass die Registrierungspflicht auf alle Formen von Verpackungen und mithin auch auf nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungsmaterialen ausgeweitet wird, sofern diese mit Ware befüllt sind. Mithin gilt seit dem 01.07.2022 eine Registrierungspflicht bei der ZSVR über das LUCID-Portal auch für Unternehmer, die (ausschließlich) mit Ware befüllte nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen in Verkehr bringen und vorher von der Registrierung befreit waren. Relevant ist diese Änderung insbesondere für Unternehmen, die im B2B-Geschäft tätig sind, also beispielsweise Großhändler, die große Warenmengen mit Transportverpackungen an die nächste Handelsstufe abgeben, aber auch produzierende Unternehmen, die ihre Produkte an andere Unternehmen mit einer Transportverpackung liefern. Der Kreis der von der Registrierungspflicht betroffenen Unternehmen ist damit seit dem 01.07.2022 deutlich erweitert worden. Im Zuge der LUCID-Registrierung ist seit dem 01.07.2022 auch erforderlich, bei der Registrierung die Arten von in Verkehr gebrachten Verpackungen anzugeben und diese nach systembeteiligungspflichtigen, nicht systembeteiligungspflichtigen und Einweggetränkeverpackungen aufzuschlüsseln. 3. Risiken eines Verstoßes gegen die Registrierungspflicht Die neuen Registrierungspflichten für alle Arten von mit Ware befüllten Verpackungen sind unbedingt ernst zu nehmen. Für einen Verstoß gegen die Registrierungspflichten sieht das VerpackG erhebliche Sanktionen vor. So ordnet § 9 Abs. 5 VerpackG für den Fall einer nicht ordnungsgemäßen Registrierung ein Verbot an, die Verpackungen des Unternehmers und damit faktisch auch für die darin verpackte Ware in Verkehr zu bringen. Wird also die Registrierung nicht korrekt vorgenommen oder versäumt, sind die verpackten Waren nicht verkehrsfähig. Hinzukommt dass wer sich trotz Pflicht nicht bei LUCID registriert, auch eine Ordnungswidrigkeit begeht – es kann also zudem auch zu Bußgeldern kommen. Gleichzeitig stellen Verstöße gegen die Registrierungspflicht nach VerpackG auch abmahnbare Wettbewerbswidrigkeiten dar. Die fehlende Registrierung beim Verpackungsregister LUCID ist häufig Gegenstand wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen. Abmahner haben es insoweit relativ leicht, denn dieser abmahnfähige Rechtsverstoß kann sehr einfach kontrolliert werden. Eines ist sicher: Die Registrierung ist am Ende günstiger, denn sie kostet nichts. III. Rücknahmepflicht in Bezug auf nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen Wenngleich nicht erst durch die jüngste Novelle des VerpackG eingeführt, enthält das Gesetz eine weitere Vorschrift, auf die hier hingewiesen werden soll, weil auch sie für im B2B Geschäft tätige Unternehmen von Bedeutung ist. Es handelt sich um § 15 VerpackG, der für nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen eine Rücknahmepflicht des Herstellers vorsieht. Der Hersteller ist grundsätzlich verpflichtet, gebrauchte, restentleerte Verpackungen der gleichen Art, Form und Größe wie die von ihm in Verkehr gebrachten am Ort der tatsächlichen Übergabe oder in dessen unmittelbarer Nähe unentgeltlich zurückzunehmen. Für Letztvertreiber beschränkt sich die Rücknahmepflicht auf Verpackungen, die von solchen Waren stammen, die der Vertreiber in seinem Sortiment führt. Im Rahmen wiederkehrender Belieferungen kann die Rücknahme auch bei einer der nächsten Anlieferungen erfolgen. Hersteller und in der Lieferkette nachfolgende Vertreiber können untereinander sowie mit den Endverbrauchern, sofern es sich bei diesen nicht um private Haushaltungen handelt, abweichende Vereinbarungen über den Ort der Rückgabe und die Kostenregelung treffen. Hieraus ergeben sich Punkte, die bei Verhandlung und Abschluss von Liefer- oder Kaufverträgen durchaus bedacht und ggfs. verhandelt werden sollten. Hersteller und in der Lieferkette nachfolgende Vertreiber, die Verpackungen zurücknehmen, sind verpflichtet, diese einer Wiederverwendung oder einer zuzuführen. Die Anforderungen können auch durch die Rückgabe an einen Vorvertreiber erfüllt werden. Das Hersteller und Vertreiber sind ferner verpflichtet, "durch geeignete Maßnahmen in angemessenem Umfang" über die Rückgabemöglichkeiten und deren Sinn und Zweck informieren. Eine genaue Bestimmung, wie darüber zu informieren ist, gibt das Gesetz nicht. Über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen ist außerdem Nachweis zu führen. Hierzu sind jährlich die in Verkehr gebrachten sowie zurückgenommenen und verwerteten Verpackungen in nachprüfbarer Form zu dokumentieren. Zur Bewertung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Dokumentation sind geeignete Mechanismen zur Selbstkontrolle einzurichten. Die erstellte Dokumentation ist der zuständigen Landesbehörde, auf deren Gebiet der Hersteller oder Vertreiber ansässig ist, auf Verlangen vorzulegen. § 15 Abs. 4 VerpackG stellt schließlich für Hersteller und in der Lieferkette nachfolgende Vertreiber von Verpackungen die Verpflichtung auf, die finanziellen und organisatorischen Mittel vorzuhalten, um ihren mit der Rücknahme verbundenen Pflichten nachzukommen. Auch hier sieht das Gesetz die Pflicht vor, die zur Bewertung der eigenen Finanzverwaltung geeignete Mechanismen zur Selbstkontrolle einzurichten. IV. Fazit Das VerpackG in seiner neuen Fassung bringt für Unternehmen, auch solche, die im reinen B2B Geschäft tätig sind, neue Verpflichtungen mit sich, die im Rahmen der betriebsinternen Compliance berücksichtigt und umgesetzt werden sollten, um unangenehme Folgen für die Geschäftstätigkeit zu vermeiden. Dr. Susanne Kratzsch (Rechtsanwältin)
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